Die CDU entdeckt Volk und Vaterland

Anfang März dieses Jahres habe ich die Erwartung geäußert,

dass wir in diesem Jahr zum ersten Mal ECHTEN Wahlkampf gegen die AfD erleben werden

Allerdings habe ich nicht so schnell damit gerechnet, weil ich die Europawahl für zu unwichtig gehalten habe. Dabei hätten ja nicht einmal 100 Prozent für die AfD eine praktische Auswirkung. Aber offenbar sehen das zumindest Teile des politischen Mainstreams anders und ich glaube, die Show fängt tatsächlich jetzt schon so langsam an und sie verspricht, … nun ja …. unterhaltsam zu werden.

Bei der Dauerhetze gegen die AfD hat es sich bislang zu einem beträchtlichen Teil um Struwwelpeter-Propaganda gehandelt. Aber auch da, wo sie keine “Das-darf-man-nicht”-Botschaften transportierte, war die Hetze gegen die AfD viel mehr polarisierender als vernichtender Natur.

Ein gutes Beispiel für polarisierende Hetze war die Correctiv-Aktion vom Januar. Bei dem Personenkreis, der die AfD ohnehin schon für die Inkarnation Satans auf Erden hält, hat die als skandalöse Enthüllung verkaufte langweilige Information einen akuten psychotischen Schub bei der chronischen Nazineurose ausgelöst. Aber auch ohne diese Aktion hätte keiner von denen AfD gewählt.

Diejenigen, die das tun oder auch nur in Erwägung ziehen, haben sich vermutlich angesichts der Überlegungen zur Remigration gedacht:

Ja bitte! Genau das hoffe ich doch!

Und wenn Martin Sellner oder auch AfD-ler legale Möglichkeiten ausloten, unangenehmen Bundesbürgern mit Migrationshintergrund den nachgeworfenen Pass wieder wegzunehmen, dann dürfte das auf diejenigen, die diese Partei vielleicht wählen, auch viel mehr attraktiv als schockierend wirken. Ob man das dann Ausweisung, Abschiebung, Remigration oder auch Deportation nennt, ist ihnen wahrscheinlich weitgehend egal, auch wenn sie sich natürlich gegen den verminten Begriff, der gar nicht gefallen ist, pflichtschuldigst wehren. Aber am Ende des Tages bleibt jenseits der Wortwahl: Hauptsache weg!

Der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer hat diesen Effekt sogar erfrischend offen bestätigt und bestärkt, indem indem er noch einen drauf gesetzt und verlautbart hat: “Das ist kein Geheimplan, das ist ein Versprechen.”

Auch bei der Aktion gegen Björn Höcke handelt es sich zweifelsfrei um polarisierende Hetze. Wer sich ernsthaft darüber aufregt, dass ein deutscher Politiker

Alles für ein Land in Mitteleuropa, das mit D anfängt

sagt, braucht wahrlich keine Hetze mehr, um nicht AfD zu wählen. Diese Zielgruppe ist für die AfD so interessant wie Abstinenzler für einen Schnapsladen. Es besteht allerdings die Gefahr, dass sie durchknallen und den Schnapsladen abfackeln, und die ist analog tatsächlich auch für AfD-Immobilien nicht auszuschließen, und zwar wortwörtlich. Deshalb ist polarisierende Hetze leider nicht vollkommen sinnlos, sie wirkt lediglich auf einer anderen und etwas rustikaleren Ebene als auf bunte Balkendiagramme an Wahlabenden. Und genau das ist mit Sicherheit auch die Absicht dahinter.

Ich glaube Herrn Höcke, dass er von der früheren Verwendung seiner Aussage nichts gewusst hat, denn eigentlich stelle ich mir ein Hochschulstudium der Geschichte ein bisschen anspruchsvoller vor, als dass man die Wahlsprüche von allen möglichen historischen Vereinigungen so streberhaft auswendig lernt, dass man sie 30 Jahre später noch erinnert. Aber falls er es in der Absicht gemacht hätte, dass ihn schon irgendein Hornochse dafür anzeigen wird, dann wäre es ein genialer Schachzug gewesen, wenn auch mit Hinblick auf den brennenden Schnapsladen ein etwas tollkühner. Ein Hasenfuß ist Herr Höcke sicher nicht, ich halte es aber dennoch für unwahrscheinlich, dass er das getan hat. Wahltaktisch ist polarisierende Hetze jedoch eher nützlich als schädlich für das Opfer, und ein Großteil der Hetze gegen die AfD war lange Zeit dieser Natur.

Das war einer (aber nicht der einzige) der Gründe, aus denen ich die AfD für kontrollierte Opposition gehalten habe. Das denke ich immer noch, aber ich gehe heute eher davon aus, dass die AfD-ler nicht wissentlich an dem Komplott beteiligt sind. Es ist möglich, dass ein paar wenige konservative Mimosen sich von polarisierender Hetze abschrecken lassen, aber die effektivste Methode, eine Partei im Sonstige-Mülleimer zu halten, ist, sie nicht zu erwähnen, und es hat mich immer irritiert, warum der Mainstream das mit der AfD nicht gemacht hat. Das wäre viele Jahre lang problemlos möglich gewesen. Mit der NPD/Heimat und verschiedenen rechtskonservativen Vorläufern der AfD (Republikaner, Pro, Freiheit) hat es doch auch funktioniert. Ab einer gewissen Größe, die mittlerweile erreicht ist, wird diese Methode riskant, oder funktioniert jetzt zumindest nicht mehr schnell genug für die kommenden Wahlen.

Jetzt dürfte nur noch vernichtende Hetze helfen. Sie umfasst im Gegensatz zu polarisierender Hetze Botschaften, die vor allem auf die Wählerschaft und potentielle Wählerschaft einer Partei abstoßend wirken. Wie sie auf ihre Gegner wirkt, ist weitgehend egal. Das sind häufig unpolitische Inhalte wie Korruption, Finanzskandale, Sexaffären, Bestechlichkeit etc., oder aber auch Kontakte zu Kreisen, die der Partei-Zielgruppe zuwider sind. Das wäre im Falle der Grünen Martin Sellner und im Falle der AfD zum Beispiel Extinction Rebellion, Mission Lifeline oder Freaks mit fragwürdigem Geschlecht, die sich kleinen Kindern aufdrängen – aber doch nicht umgekehrt! Ob Russland und China ausreichen, ist fraglich und dürfte auf die Details ankommen.

Russland genießt in weiten Kreisen der AfD-Anhängerschaft Sympathien oder zumindest keinen so fanatischen Hass, dass man Beihilfe zum brutalen Zerfetzen russischer (und in Folge zwangsläufig auch ukrainischer) Soldaten leisten möchte, nur weil das angeblich Unseredemokratie^TM rettet. Selbst wenn das stimmen würde, so wichtig ist sie dann auch wieder nicht, was auch immer diejenigen, die diesen Begriff ständig wie eine Monstranz vor sich hertragen, darunter verstehen. Kontakte zu Russland, die für eine Verhandlungslösung oder die Wiederaufnahme der Gaslieferungen unerlässlich sind, werden wohl von AfD-Sympathisanten nicht unbedingt als etwas Schlechtes angesehen.

Ein typisches Beispiel für vernichtende Hetze war allerdings das Ibiza-Video gegen die FPÖ. Das hat damals tatsächlich funktioniert. Dabei ging es nicht um Abschiebungen oder andere Themen, bei denen die Parteianhängerschaft grundlegend anderer Meinung ist als der Mainstream, sondern darum, dass die FPÖ angeblich bereit war, die heimische Presselandschaft an dubiose russische Oligarchen zu verscherbeln. Das finden nicht nur die Gegner dieser Partei befremdlich, auch ein beträchtlicher Teil ihrer Anhänger wertete das mindestens als unseriös, wenn nicht sogar als Verrat. Vernichtet im Wortsinn hat es die FPÖ selbstverständlich nicht, aber sie ist bei der Europawahl wenige Tage später drastisch abgestürzt, die ÖVP hatte einen guten Vorwand, die Koalition zu beenden, und die politische Karriere des charismatischen Video-Hauptdarstellers Hans-Christian Strache war beendet.

Aber die Aktion war wesentlich besser vorbereitet und hat durch das Video auch fundierter gewirkt als nur Gerüchteraunen, der tschechische Geheimdienst habe raschelndes Geld gehört.

Die chinesische Regierung hat im Gegensatz zur russischen hingegen so gut wie gar keine Sympathien – auch nicht bei AfD-Anhängern. Deshalb wurde vermutlich Herr Bystron fallengelassen und der chinesische Mitarbeiter von Herrn Krah verhaftet. Bei Jian Guo handelt es sich wohl in der Tat um eine etwas zwielichtige Gestalt. Er soll schon vor Jahren dem BND und dem sächsischen Verfassungsschutz seine Dienste als Geheimagent gegen China angeboten haben, die ihn beide abgelehnt haben.

Herr Krah hat ihn nicht abgelehnt. Ich hätte zwar nicht gedacht, dass Abgeordnete des EU-Parlaments Zugang zu Informationen haben, die von Interesse für die chinesische Regierung sind, und es wird auch nirgends erwähnt, welcher Art diese Informationen sein könnten, aber es macht gar keinen guten Eindruck, wenn Mitarbeiter von Parlamentariern überhaupt jemals auf die Idee gekommen sind, als Spion tätig zu werden – auch nicht für inländische Dienste. So etwas machen doch nur halbseidene Figuren. Außerdem mag der Mann hundertmal einen deutschen Pass haben, er ist Chinese und Blut ist dicker als Papier. Ich halte es da mit Adalbert Stifter:

Alles, was auf Erden besteht, beruht auf Ehre und Treue. Wer heute die alte Pflicht verrät, verrät auch morgen die neue.

Ich würde niemandem trauen, der Geheimdiensten in einem anderen Land seine Dienste anbietet. Klar, jeder Geheimdienst braucht solche Leute, aber ein EU-Parlamentarier braucht sie nicht. Der hätte diesen lukrativen Job auch einem deutschen Landsmann zuschustern können. Es sei denn …

Aber das will ich nicht vertiefen, es wäre ohnehin nur wilde Spekulation, und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass Herr Krah den Mann einfach für fachlich geeigneter gehalten hat als alle deutschen Bewerber – wie auch immer die fachliche Eignung aussieht, die man für einen solchen Job braucht. Ich habe allerdings auch eine völkische Vorstellung von Deutschtum und dürfte seine Personalwahl kritisieren, wenn ich wollte. Aber ich will hier nicht.

Doch diejenigen, die von “mehr Teilhabe” von “Deutschen mit Migrationsgeschichte” schwadronieren und deren Parteien darüber hinaus Jahr für Jahr Entwicklungshilfe in Millionen- oder gar Milliardenhöhe an China zahlen, sind nun wirklich die Allerletzten, die das Recht haben, Herrn Krah für die Wahl dieses Mitarbeiters zu kritisieren.

Sie tun es aber! Natürlich tun sie es, sie haben ja keinen Funken Anstand oder Schamgefühl, der sie davon abhalten könnte

Und damit komme ich endlich zu dem, was die Überschrift verspricht. Besonders die CDU entdeckt plötzlich bislang verpönte Begriffe wie Volk und Vaterland. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit galt ihr das noch als “rechtes” oder gar “rechtsextremes” Gedankengut, das es mit Zähnen und Klauen zu bekämpfen gilt. Herr Voigt ist tatsächlich bereits beim Rededuell mit Herrn Höcke auf peinlich unecht wirkende Weise auf seiner “Heimat Thüringen” rumgeritten. Er hat aber dennoch seinem Gegner vorgeworfen, er wolle Leute nur aufgrund eines “Merkmals” ausschließen, irgendwann seien es die Brillenträger. Mit dem Merkmal, das er auf patzig-kindische Weise mit dem Tragen einer Sehhilfe gleichgesetzt hat, handelte es sich um die Zugehörigkeit bzw. Nicht-Zugehörigkeit zum deutschen Volk.

Genau derselbe Herr Voigt versteigt sich jetzt dazu, von vaterlandslosen Gesellen zu sprechen.

Ja, ist das denn neuerdings was Schlechtes, Herr Voigt? Wäre die AfD, wenn es sich bei ihren Funktionären tatsächlich um vaterlandslose Gesellen handeln würde, nicht endlich in Unsererdemokratie^TM und in unserem bunten Zusammenland angekommen, in dem uns Vielfalt stark macht? Auch Deutsche, die sich selbstbestimmt als chinesische Spione identifizieren, tragen zur Vielfalt bei und dürfen nicht von der Teilhabe am politischen Geschehen ausgegrenzt werden.

Aber die junge Union kann es noch besser. Sie wildert mit ihrer Begriffswahl nicht im Kaiserreich, sondern in einer etwas späteren Epoche und veröffentlicht auf Twitter eine Art Fahndungsfoto von Herrn Krah vor chinesischer Flagge mit der Aufschrift Volksverräter – vermutlich aus rechtlichen Gründen mit Fragezeichen.

Für wen arbeitet die AfD? pic.twitter.com/jsyJsoiqhj

— JU Deutschlands (@Junge_Union) April 23, 2024

Geht’s noch?

Selbst Telepolis ist peinlich berührt von dieser schwindelerregend unglaubwürdigen Kehrtwende. Der Spiegel allerdings nicht.

Ist Landesverrat nicht ein echter Straftatbestand? Es wundert mich ein bisschen, dass die Rechtsabteilung des Spiegel das genehmigt hat, weil ich vorher dachte, die Rechtsabteilung der CDU habe es untersagt, weshalb der Begriff “Volksverräter” gewählt wurde, der keinen Straftatbestand beschreibt.

Ich habe keine Probleme mit Begriffen, die auch schon früher verwendet wurden, und selbstverständlich gibt es Leute, für die der Begriff Volksverräter zutreffend ist – mehr als uns allen lieb sein kann. Aber andere sehen das anders, zum Beispiel der aktuelle Vizekanzler. Der sagte zum Begriff “Volksverräter”:

Ist ein Nazibegriff.

Japp, da hat er recht. Mich stört das nicht, aber der Begriff wurde tatsächlich von den Nationalsozialisten verwendet und möglicherweise auch geprägt, und hätte ich eigentlich gedacht, dass das die streberhaften Gedenkmimosen von der CDU schon stört. So kann man sich irren. Habeck erklärt weiter:

Es gibt kein Volk und es gibt deswegen auch keinen Verrat am Volk. Sondern das ist ein böser Satz, um Menschen auszugrenzen und zu stigmatisieren.

Das sehe ich nicht grundsätzlich so. Es gibt schon Personen und Gruppierungen, für die dieser Begriff sachlich zutreffend und höchst angebracht ist, auch innerhalb des Politikbetriebs. Nur die AfD gehört nicht dazu. Es ist auch mit Sicherheit irgendein Straftatbestand, das EU-Parlament für einen ausländischen Geheimdienst auszuspionieren. Aber selbst wenn Herr Krah das getan haben sollte – wofür es keinerlei Anzeichen gibt – ist das immer noch Verrat an der EU und ganz bestimmt nicht am deutschen Volk oder auch nur irgendeinem Volk.

Anschließend an Herrn Habecks Äußerung zu unserer Nicht-Existenz und dem Begriff Volksverräter wird in dem oben verlinkten Video noch auf einen Artikel verwiesen, der die Finanzierung der NGO Agora Energiewende beleuchtet, die wesentlichen Einfluss auf die Politik des Wirtschaftsministeriums genommen hat. Es flossen unter anderem Gelder von einer NGO unter Kontrolle der chinesischen Regierung.

Das erscheint mir aus chinesischer Sicht sehr viel sinnvoller und nachvollziehbarer als die Ausspionierung des machtlosen EU-Parlaments oder die Zusammenarbeit mit Herrn Krah, der keinerlei Anstalten macht, die deutsche Energieversorgung zu Gunsten von China ruinös zu verteuern – ganz im Gegensatz zu dem zwielichtigen Gremium, dem Herr Habeck als Wirtschaftsminister angehört.

Ich bin gespannt, wie weit die CDU-ler sich noch versteigen in ihrem radikalen Schwenk von weltoffen auf superpatriotisch. Nimmt ihnen das überhaupt noch jemand ab?

Ich fürchte ja.

Das beste Argument gegen die Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit einem Durchschnittswähler.

Dieses Zitat wird Winston Churchill zugeschrieben und ich kenne es aufgrund meiner fundierten Tropico-4-Bildung. (Das ist ein zauberhaftes Städtebauspiel, das die Vertreter von USA, UdSSR, EU, China und islamischer Welt mit ziemlich politisch inkorrekten Klischees aufs Korn nimmt, und beim Laden Zitate von Politikern einblendet.) Das Zitat ist allerdings falsch, was mir entgegenkommt. Es wäre mir unangenehm, einen so bösen Menschen zustimmend zu zitieren. Aber irgendjemand hat das Bonmot ja geprägt, und ich fürchte, eine ganze Reihe braver Konservativer geben ihm jetzt recht.

Obwohl ich keiner politischen Partei vertraue oder gar nahestehe, wünsche ich den AfD-lern, die ich teilweise auf der menschlichen Ebene als sehr sympathisch empfinde, dass sich diese vernichtende Hetze auch wieder als Rohrkrepierer erweist. Aber sicher bin ich da leider gar nicht.