Aktuelles und Skurriles – Donald Trump und das Blutbad

Bei einer Wahlkampfrede in Ohio kündigte Donald Trump für den Fall, dass er nicht gewählt würde, ein Blutbad an. Insbesondere in den deutschsprachigen Medien wurde das gierig aufgenommen. So trötet zum Beispiel die Bildzeitung in großen roten Lettern

Trump warnt vor “Blutbad”, wenn er nicht gewinnt

Andere Medien, deren Kundschaft einen etwas höheren Anspruch an ein seriöses Image hat als die der Bildzeitung, formulieren verhaltener wie auch die amerikanischen Medien insgesamt. Und selbst die Bildzeitung klärt im Artikel über den Zusammenhang auf:

Trump machte die Bemerkung, als er gerade einen Zoll auf Autos ankündigte, die außerhalb der USA hergestellt würden. Wortwörtlich übersetzt sagte er: „Wir werden einen 100-prozentigen Zoll auf jedes einzelne Auto erheben, das über die Grenze kommt. Wenn ich nicht gewählt werde, wird es ein Blutbad für das Ganze geben – das wird das Mindeste sein. Es wird ein Blutbad für das Land sein. Das wird das Mindeste sein.”

Im Kontext mit der Autoindustrie scheint dieser Kommentar wirr.

Da hat die Bildzeitung einen Punkt. Allerdings nur, weil sie ein deutschsprachiges Medium ist. In der Tat wird der Begriff “Blutbad” im Deutschen nicht metaphorisch für wirtschaftliche Verheerungen benutzt, sowohl der Duden als auch Wiktionary nennen nur die wörtliche Bedeutung. Das Sprachgefühl von Deutschen überträgt das automatisch auf die wörtliche Übersetzung “bloodbath” – ich finde den Ausdruck im Zusammenhang mit der Autoindustrie ebenfalls unpassend. Aber das scheint einer der Fallstricke zu sein, die das Sprachgefühl bei Fremdsprachen legen kann. Das Cambridge Dictionary führt zwei Bedeutungen auf: die wörtliche und die metaphorische, letztere sogar mit einem Beispiel aus dem Bereich der Wirtschaft.

So weit, so gut, wieder Mal nur ein Sturm im Wasserglas der üblichen verdächtigen Hysteriker?

Kann sein, ich glaube jedoch, es war ein bisschen mehr als das. Trump hat wörtlich einen Textbaustein in die Welt entlassen, der geradezu darum bettelt, aus dem Zusammenhang gerissen zu werden, und eigentlich müsste das ein Redenschreiber wissen. Ich denke, er wusste es, und die bildgewaltige Wortwahl, die auch im Englischen nicht ohne Alternative ist, war volle Absicht.

Nicht die Absicht, seine Anhänger unterschwellig doch zu einem Blutbad aufzurufen, wie ihm vom Mainstream unterstellt wird. Dazu ist der Zusammenhang mit der Autoindustrie vor allem im englischen Sprachraum zu offensichtlich. Die Absicht war vermutlich vielmehr, die bildliche Vorstellung eines echten Blutbads durch Trump-Anhänger zumindest unterbewusst in den Köpfen der Hysteriker zu verankern. So nehmen im Grunde alle Medien, die darüber berichten, Bezug auf den “Sturm auf das Kapitol”, zu dem Donald Trump ebenfalls aufgerufen haben soll.

Auch das hat er wortwörtlich genommen nicht getan, und es deutet einiges darauf hin, dass es ein inszeniertes Ereignis war. Eine traurige Inszenierung, denn die Demonstrantin Ashli Babbitt wurde erschossen, zwei andere Demonstranten sowie ein Polizist starben im Gedränge an einem Schlaganfall bzw. Herzinfarkt. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass bei vier weiteren Polizisten, die vor Ort Dienst taten, kurz danach Tod durch Suizid festgestellt wurde.

Irgendjemand musste die Trump-Anhänger, die in großer Zahl als Statisten für die Inszenierung benötigt wurden, in die Falle locken. Das konnte nur Trump tun – diese Leute hören nicht auf andere Instanzen. Und das hat er getan. Einen Tag später ist er ihnen mit einer Videobotschaft in den Rücken gefallen:

Ich möchte zunächst auf den abscheulichen Anschlag auf das Kapitol der Vereinigten Staaten eingehen. Wie alle Amerikaner bin auch ich empört über die Gewalt, die Gesetzlosigkeit und das Chaos. Ich habe sofort die Nationalgarde und die Bundespolizei eingesetzt, um das Gebäude zu sichern und die Eindringlinge zu vertreiben. Amerika ist und muss immer eine Nation von Recht und Ordnung sein. Die Demonstranten, die in das Kapitol eingedrungen sind, haben den Sitz der amerikanischen Demokratie geschändet. Diejenigen, die sich an den Gewalttaten und der Zerstörung beteiligt haben, repräsentieren nicht unser Land. Und diejenigen, die das Gesetz gebrochen haben, werden dafür bezahlen.

Sie haben zu Dutzenden dafür bezahlt – drei davon mit 15, 17 und 22 Jahren Haft – im Gegensatz zu Trump, der sie in die Falle gelockt hat und jetzt erneut die Präsidentschaft anstrebt. Joe Biden zitiert dazu seine 21-jährige Enkelin mit

Opa, das ist unfair.

Ja, das ist es in der Tat. Die Unfairness, die sie meinte, bezog sich allerdings nicht auf den tatsächlichen Vorfall, sondern auf ausgedachte Folgen auf die hypothetische Annahme, Black-Lives-Matter-Aktivisten wären ins Kapitol eingedrungen. Gut, dass die Gelegenheit genutzt wurde, wieder mal auf weiße Privilegien hinzuweisen, nicht dass die noch in Vergessenheit geraten.

Der neuerliche Blutbad-Skandal stärkt die Annahme, dass in den USA ein turbulenter Wahlkampf geplant ist. Das sehr eigenartige Trump-Phänomen werde ich noch in einem tiefergehenden Artikel beleuchten. Hier möchte ich nur davor warnen, bei solchen Ereignissen zwei teilnehmende Lager zu sehen. Ich sehe vier Spieler: Trump, Biden, Trump-Anhänger, Trump-Gegner. Drei dieser vier Spieler sind unbeschadet aus dem “Sturm auf das Kapitol” hervorgegangen, und die Vermutung drängt sich auf, dass sich das wiederholen könnte.

6 comments Aktuelles und Skurriles – Donald Trump und das Blutbad

Karina says:

Ein sehr interessanter Text, liebe Nuada.

Mir ist Trump zwar suspekt und nicht sympathisch, er macht auf mich auch einen primitiven, ungehobelten Eindruck – ich halte ihn jedoch keineswegs für dumm. Dieser Mann weiß durchaus, was er von sich gibt – im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Biden, der längst senil und hilflos wirkt. Irgendetwas ist hier im Busch – andernfalls würde die Journaille nicht schon wieder derart intensiv und hysterisch über Trump und seinen Wahlkampf “berichten”. Gehst du davon aus, dass diesmal ein “Sieg” Trumps geplant ist? Will das Establishment Biden endgültig loswerden? Immerhin sind seine Umfragewerte auffallend schlecht, und auch viele Mitglieder der “Democratic Party” können sich nicht wirklich für seine Wiederwahl begeistern.

Nuada says:

Mir ist Trump zwar suspekt und nicht sympathisch, er macht auf mich auch einen primitiven, ungehobelten Eindruck – ich halte ihn jedoch keineswegs für dumm.

Genauso empfinde ich das auch. Und ich glaube nicht, dass man die Intuition komplett ignorieren sollte. Für dumm halte ich ihn auch nicht, doch er wirkt wie ein Entertainer, wie der Star einer Comedy-Serie über einen halbseidenen Hochstapler mit großer Klappe. Und wenn man seinen Lebenslauf ansieht, wird dieser Eindruck sogar mit Fakten untermauert.

Gehst du davon aus, dass diesmal ein „Sieg“ Trumps geplant ist? 

Ja.

Aber ich habe das bislang jedes Mal gedacht, als er angetreten ist. Eine Trefferquote von 50 Prozent ist nicht gerade überragend. Mein Grund für diese Einschätzung war vor allem beim ersten Wahlkampf: Die bauen nicht so eine schrille und polarisierende Figur auf, um sie als verlierenden Gegenkandidaten nach wenigen Monaten wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen.

Der zweite Wahlkampf kam mir vor wie Trump gegen Nicht-Trump, wobei Biden als Person völlig belanglos war. Die hysterischen Trump-Gegner hätten auch einen Besenstiel gewählt, und mit ein bisschen Gehässigkeit könnte man sagen: “Viel lebendiger wirkt Biden auch nicht.” Manche meinen ja, Trump habe diese Wahl in Wirklichkeit gewonnen, aber das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass er nicht Präsident wurde. Dafür kann es mehr als einen Grund geben.

Wenn es letztes Mal schon knapp ausgegangen ist, dürfte es dieses Mal, nachdem Biden vier Jahre zahllose Aussetzer in der Öffentlichkeit gezeigt hat, ziemlich klar ausgehen. Hinzu kommt noch die Beschädigung Bidens durch seinen Sohn, den Ukrainekrieg und das viele Geld, das dorthin geflossen ist. Es ist auch merkwürdig, dass die Demokratische Partei den alten Mann nicht wenigstens jetzt bei der neuen Wahl durch einen unbeschädigten Kandidaten ersetzt, der wenigstens nicht senil ist.

Trump hat ja vor einiger Zeit getönt, er würde den Ukrainekrieg in einer Stunde beenden, wenn er Präsident wäre. Das ist nicht neu: 1986 begehrte er, Botschafter in der Sowjetunion zu werden, und begründete das damit, er würde dann den Kalten Krieg innerhalb einer Stunde beenden. Damals hat das in den USA noch Belustigung ausgelöst, aber der sowjetische UNO-Botschafter hat nicht gelacht, sondern ihn nach Moskau eingeladen. Was er da gemacht hat, weiß ich nicht, Botschafter wurde er jedenfalls nicht.

Um die Verwirrung komplett zu machen, scheint Putin keinerlei Interesse an der Beendigung der amerikanischen Unterstützung der Ukraine zu haben, die sich Konservative von Trump erhoffen. Vor Kurzem hat er seelenruhig verlautbart, er wünsche sich Biden als Sieger bei der amerikanischen Wahl. Er sei “erfahrener, vorhersehbar und ein Politiker der alten Schule.” und außerdem sei er auch überhaupt nicht senil – zumindest nicht vor drei Jahren, als Putin ihn getroffen hat und das schon ein Thema war.

Juppi says:

“Vor Kurzem hat er seelenruhig verlautbart, er wünsche sich Biden als Sieger bei der amerikanischen Wahl.”

Hast Du dazu eine Quelle? Ich möchte das jemandem zeigen, dem das sein gesamtes Weltbild durcheinanderbringt.

Nuada says:

@Juppi:

je nach Vorliebe des zu Schockierenden:

Spiegel oder FAZ

Trump hat sich übrigens über diese Aussage gefreut und sie als Kompliment gewertet. Außerdem meinte er noch, Biden würde Putin die Ukraine geben.

Das ist vielleicht ganz interessant, weil Trump auch in der Vergangenheit schon durch treffende Voraussagen aufgefallen ist. Insiderwissen gepaart mit Prahlsucht? Und da er wohl kaum öffentlich davon ausgeht, dass Biden nächstes Jahr noch Präsident ist, könnte es bedeuten, dass der Krieg noch dieses Jahr endet.

Trump war einer der zionistischen Präsidenten. Er hat damals ziemlich schnell die Botschaft von Tel aviv nach Jerusalem verlegt, und damit auf irgendeine Weise Jerusalem als Hauptstadt Israels bestätigt/ bestärkt.

Wäre doch der richtige Mann der Israel in dieser schlimmen Zeit bedingungslos unterstützen würde. Die größte Wählergruppe der Republikaner sind Ultra religiöse weiße Evangelikaler. Manche sind sogar nach dem 7. Oktober rüber geflogen um zu helfen.

Und dann gibt es ja noch Qanon, aber da habe ich nie wirklich durchgeblickt.

Trump ist seinen Anhängern nicht nur nach dem Vorfall mit dem Capitol in den Rücken gefallen. Er hat (und macht es immer noch) diese ganze „seine“ Impfung angepriesen.

Ach, und es gibt sogar ein Trump Brettspiel :D.

https://www.amazon.de/Hasbro-Trump-Game-The/dp/B0002CEXOU

Beim Nft Hype hat er natürlich auch mitgemacht und seine Fangemeinde finanziell bluten lassen.

https://www.sueddeutsche.de/kultur/donald-trump-nft-1.5716801?reduced=true

Nuada says:

@cirillacroft: Ja, ich denke auch, dass wir uns keine Sorgen um Israel machen müssen, wenn Trump Präsident wird. Es geht ja auch um Familie.

Jared Kushner erzählt in The Jewish Chronicle, wie er auf die Ankündigung reagiert hat, dass seine Tochter Ivanka zum Judentum konvertieren wird. Zunächst habe er gefragt, warum Jared Kushner nicht konvertiert, und als dieser antwortete, es sei Ivankas freie Entscheidung gewesen, meinte Trump:

Das ist großartig. Die meisten Leute denken sowieso, ich sei Jude. Die meisten meiner Freunde sind Juden. Ich habe all diese Auszeichnungen von Synagogen. In Israel liebt man mich.

Allerdings ist auch Joe Biden keine Katastrophe. Die Times of Israel schreibt:

Tatsächlich haben alle drei seiner Kinder in jüdische Familien eingeheiratet – was bedeutet, dass Biden der Großvater von ein paar ganz bezaubernden jüdischen Kindern ist.

Und falls den alten Herrn der Tod im Amt ereilen sollte, ist auch der Gatte von Vizepräsidentin Kamala Harris zufällig Jude.

Das Spiel und die NTFs waren mir nicht bekannt, danke für die Hinweise. Ich bin gerade dabei, das Trump-Phänomen genauer zu erforschen, aber das ist nicht ganz einfach. Vieles ist sehr undurchsichtig und die schiere Masse an Aktivitäten macht es auch nicht einfacher. Es ist aber tatsächlich viel eher ein Phänomen als nur der eine Mann, der möglicherweise eine Art Projektionsfläche ist, auf die Leute sehr unterschiedliche Bilder projizieren.

Für gar nicht wenige seiner Anhänger und Unterstützer scheint er tatsächlich eine religiöse Figur zu sein, so unglaublich das auf durchschnittliche deutsche Konservative auch wirken mag. Allerdings scheint ihn die QAnon-Gemeinde, die auch hierzulande Anhänger gefunden hat, ebenfalls als Lichtgestalt zu sehen, und sogar seine Gegner überhöhen ihn zuweilen zu einer übernatürlichen bzw. endzeitlichen Figur:

2016 nach der US-Wahl – völlig ohne jeden erkennbaren Grund

Über den QAnon-Kult weiß ich auch nur sehr oberflächlich Bescheid. Da hat gleich beim ersten Mal, als ich etwas davon gehört habe, das Radar massiv angeschlagen und das ganze Drumherum widert mich ein bisschen an.

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