Aktuelles und Skurriles – Die Grande Nation zündelt im Fernsehen

Mussten die Russen noch geheimdienstliche Mittel einsetzen, um die Kriegsplanungen deutscher Offiziere mitzuhören, brauchen sie nur jemanden, der einen Fernseher einschalten kann, um über die Kriegsplanungen der Grande Nation im Bilde zu sein.

Compact TV zeigt deutsch untertitelt die französische Fernsehsendung Club Info, bei der sich die (nicht sehr französisch aussehende) Moderatorin von einem Offizier anhand einer Ukrainekarte mit eingezeichneten französischen Truppen erklären lässt, warum das ein strategisch sinnvolles Vorgehen ist.

Drei stilisierte Soldaten stehen entlang des Djnepr, weil dieser Fluss eine Trennlinie zwischen der Ost- und der Westukraine darstellt. Vier weitere Soldatenfiguren stehen ganz im Norden an der Grenze zu Weißrussland. Das soll die Weißrussen davon abhalten, Russland zu Hilfe zu eilen. Beides dient vor allem dazu, Kiew und die Westukraine zu schützen, indem es den Russen signalisiert:

Geht nicht weiter, sonst riskiert ihr unter unser Feuer zu geraten, einschließlich unserer nicht konventionellen Waffen.

Für diejenigen, die das nicht kapieren, hat er bereits zuvor darauf hingewiesen, dass Frankreich eine Atommacht ist. Er erklärt auch, dass der französische Präsident im Gegensatz zu Bundeskanzler Scholz, den er namentlich erwähnt, das Parlament nicht befragen muss, bevor er Militär irgendwohin schickt.

Zu Gast im Compact-Studio ist Armin-Paul Hampel, der diese Information kommentieren soll. Mir scheint, das geht ein bisschen schief. Jürgen Elsässer

fehlen die Worte

über die Sendung an sich und auch darüber, dass das in Deutschland nicht berichtet wurde. Das kann ich nachvollziehen. Doch dem älteren Herrn, der ein halbes Jahr jünger ist als Jürgen Elsässer und dennoch ein bisschen wie ein Offizier aus dem Ersten Weltkrieg wirkt, fehlen sie leider nicht. Recht vergnügt und mit ungeheurer Selbstgefälligkeit schwafelt er etwas daher, das Jürgen Elsässer mit gesprochenen Anführungszeichen als “sehr wohlwollende” Interpretation bezeichnet und für das mir eine etwas weniger höfliche Bezeichnung in den Sinn kommt.

Macron mache das, um seine Umfragewerte zu verbessern, die ziemlich im Keller sind, außerdem sei der Offizier aus dem Fernsehen nur ein Oberst und kein General – also seiner Ansicht nach niemand, den man für voll nehmen muss. Allerdings hat gestern auch ein General in der Zeitung Le Monde von der Entsendung von bis zu 60.000 französischen Soldaten gesprochen. Die französische Armee tauge nichts, führt Herr Hampel aus, und außerdem können ihre Atombomben gar nicht so weit fliegen, was bei mir die Frage aufwirft, für welches näher gelegene Gebiet sie die dann eigentlich haben. Auf jeden Fall müsste man die mitnehmen, um sie am Dnjepr einsetzen zu können. Und es wäre Selbstmord, wenn die Franzosen das machen.

Ja, und?

Das heißt noch lang nicht, dass Macron das nicht macht. Ganz im Gegenteil! Genau genommen wäre es natürlich kein Selbstmord, sondern Mord, da Entscheidungsträger und Frontsoldaten bzw. Volk mitnichten ein und dasselbe sind, aber ein solcher Gedanke ist für einen durch und durch demokratischen und etwas wichtigtuerischen Politisierer vollkommen undenkbar. Diese Sorte ist viel zu rechtschaffen und rational, um sich vorstellen zu können, dass es Psychopathen gibt, geschweige denn, auch nur ansatzweise zu begreifen, wie sie ticken. Das ist mir schon öfter aufgefallen.

Selbstverständlich ist auch mir klar, dass es sich bei diesen Landkartenspielchen im Fernsehen nicht um eine offizielle Verlautbarung aus dem militärischen Hauptquartier oder dem Élysée-Palast handelt. Aber das ist ja gar nicht der Punkt, das war das Palaver der deutschen Offiziere auch nicht. Es geht darum, dass darüber geredet wird, und zwar so richtig offen IN-YOUR-FACE, wie wir Transatlantiker sagen.

Aber das sei sogar möglicherweise ein nettes Friedensangebot, meint Herr Hampel begeistert. Da das Planspiel sich vor allem darauf konzentriere, Kiew und die Westukraine zu schützen, wie er scharfsinnig erkennt, könne man das dahingehend auffassen, dass Frankreich den Russen via Fernsehen signalisiert:

Die Ostukraine könnt ihr haben.

Ich meine, das könnte man auch etwas weniger kompliziert kommunizieren. Was, wenn die Russen das sehr subtile “Wohlwollen” nicht kapieren???

Okay, es ist nicht wichtig, was Herr Hampel dazu sagt, nur ein bisschen lustig. Konservative sind manchmal wirklich anstrengend und nur mit Humor zu ertragen. Ich habe den Eindruck gewonnen, Jürgen Elsässer hat es ebenfalls bereut, diesen Gast zu einem Thema eingeladen zu haben, das er für brisant hält.

Ich halte diesen Fernsehauftritt auch für eine Botschaft und sie passt zu den Äußerungen von Präsident Macron vor einiger Zeit. Es ist sogar naheliegend, dass der Sender den Oberst deswegen eingeladen hat. Es muss zwar nicht zwangsläufig bedeuten, dass das wirklich geplant ist oder gar, dass das tatsächlich eintritt, aber das heißt nicht, dass diese TV-Strategiespielchen belanglos sind.

Zumindest sind sie außerordentlich dreist und geben dem russischen Narrativ, von der NATO bedroht zu sein, Nahrung. Vielleicht sind sie darüber hinaus auch als Botschaft an Scholz und andere Zauderer in der NATO gerichtet und es könnte auch sein, dass es Teil der Bemühung ist, die französische Bevölkerung “kriegstüchtig” zu machen. Jenseits des Rheins sieht man das ja offenbar auch als Aufgabe:

Letztendlich ist es wegen der NATO fast egal, welches Land den Schritt macht, der dann von Russland als einer zu weit bezeichnet werden kann. Ich finde es schon ein bisschen bedenklich. Ich hatte von Anfang an ein unheilvolles Gefühl bei diesem Krieg und es will nicht verschwinden, auch wenn ich mir Mühe gebe, es rational im Zaum zu halten.

4 comments Aktuelles und Skurriles – Die Grande Nation zündelt im Fernsehen

Juppi says:

Das unheilvolle Gefühl ist berechtigt. Nicht nur Frankreich zündelt, sondern auch der IS

Weltweites Entsetzen nach Islam-Terroranschlag mit mehr als 60 Todesopfern in Moskau | PI-NEWS

Nuada says:

Danke, Juppi, dass Du dieses Thema hier eingebracht hast. Ich wollte keinen eigenen Artikel dazu schreiben, aber so haben wir einen Platz für Gespräche über diesen Terroranschlag, falls sich irgendwann Erkenntnisse dazu herausschälen.

Derzeit bin ich noch vollkommen verwirrt und ratlos, wer das warum gemacht haben könnte.

blumenkohl says:

„Es muss zwar nicht zwangsläufig bedeuten, dass das wirklich geplant ist oder gar, dass das tatsächlich eintritt, aber das heißt nicht, dass diese TV-Strategiespielchen belanglos sind.“

In dem Planspiel werden ja keine genauen Angaben gemacht über Ausrüstung und Stärke, es werden ja nur Bilder mit Soldaten auf einer Landkarte gezeigt. Und vielleicht sind es ja auch nur Informationen die die Russen sowieso schon haben. Der Sinn und Zweck dieser TV-Strategiespielchen ist wohl mehr der, uns in ein Kriegsgefühl zu versetzen. Das ist wohl auch Grund warum in der letzten Zeit alle naselang die Sirenen heulen. Es wird von Krieg gesprochen dann muss es im Fernsehapparat auch so aussehen und draußen mit den Sirenen muss es sich so anhören. Das ist so ähnlich wie bei Corona mit dem Abstand halten, den Masken und nachher mit dem Impfen. Das Analogon zum Impfen konnten in diesem Fall der Einberufungsbefehl sein. Die Gegenreaktionen beim Corona waren die Impfverweigerer im Kriegsfall gibt es dann die Befehlsverweigerer. Eine unangenehme Steigerung könnten selbst inszenierte Bombeneinschläge in den Innenstätten mit vielen Toten sein, wo man dann im Fernsehapparat behaupten kann die Russen haben eine Rakete auf z.B. München abgeschossen. Eigentlich immer das gleiche Strickmuster so ähnlich wie z, B. beim 11. September 2001.

Nuada says:

@blumenkohl: Das sehe ich ganz genauso. Das war offensichtlich keine ernsthafte Planung, aber das war das Gespräch der deutschen Offiziere auch nicht. Dieses Gespräch fand ich noch nicht einmal skandalös, ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass Offiziere die ganze Zeit solche Pläne ausarbeiten und besprechen. Was sollen die denn sonst tun?

Der Skandal war nur, dass sie das nicht abhörsicher gemacht haben, und offenbar fanden die Russen den eigentlichen Inhalt auch nicht interessant, sonst hätten sie das Gespräch nicht veröffentlicht. Russische Offiziere planen garantiert auch im Detail, wie man uns effektiv in die Luft sprengt. Die Franzosen haben jetzt noch einen drauf gesetzt und sich nicht abhören lassen, sondern es direkt im Fernsehen gezeigt. Wahrscheinlich entfaltet es in der russischen Propaganda nicht die gleiche Wirkung, weil der Terroranschlag dazwischen gekommen ist.

Es wird von Krieg gesprochen dann muss es im Fernsehapparat auch so aussehen und draußen mit den Sirenen muss es sich so anhören.

Ja. Das ist der Punkt. Das kann einerseits bedeuten, dass wir wirklich auf einen Krieg vorbereitet werden. Es gibt aber auch noch die “Corona-Variante” – das heißt, dass wir uns lediglich in permanenter Angst davor befinden sollen, um alle möglichen Zumutungen hinzunehmen. Das wäre die harmlosere Variante!

Die russische Berichterstattung geht eher nicht von einer IS-Täterschaft bei dem Terroranschlag aus und ehrlich gesagt ist das auch nicht sonderlich einleuchtend – selbst dann nicht, wenn man die Führungsebene des IS nicht für islamisch hält, sondern eher in gewissen Geheimdiensten vermutet. Was soll denn das Motiv sein? Geben diejenigen, die vom IS sprechen, überhaupt ein Motiv an? Oder ist das einfach: “Sie hassen die russische Freiheit” ???

Im Anti-Spiegel – also im russischen Mainstream – wird recht deutlich eine ukrainische Urheberschaft suggeriert, wenn auch nicht direkt als erwiesen bezeichnet, obwohl die Täter gefasst sind und vernommen werden. Ich kann mir da aber auch kein Motiv vorstellen. Im Grunde wäre es genauso blöd wie beim IS: “Sie hassen eben Russen.”

In der Ukraine gibt es öffentlich geäußerte Vermutungen, die russische Seite sei das selber gewesen. Da ist meiner Ansicht nach auch das wirklich einzige halbwegs einleuchtende Motiv erkennbar, womit ich aber ausdrücklich nicht sagen will, dass ich glaube, die waren es. Man weiß es nicht und ich bin fast vollkommen sicher, dass man es niemals wissen wird. Es könnte auch einfach eine Kraft sein, die grundsätzlich Hass und Verwirrung stiften will, und in dem Fall ist es weitgehend egal, über welche Agentur (Geheimdienst, IS) diese Täter beauftragt wurden. Erstaunlich finde ich deren Behauptung, sie hätten es für Geld gemacht. Nun gibt es natürlich Auftragskiller, die so etwas wirklich machen, aber die Bezahlung ist lächerlich. Wer macht so etwas für 5.000 Euro??? Damit rückt das ja schon in den Bereich, in dem man sich das als Privatmensch auch leisten kann. Und weil das heutzutage zum Selbstschutz notwendig ist: Nein, ich erwäge nicht, einen Terroranschlag auf den Bundestag zu kaufen, und rufe auch nicht dazu auf! Ich will damit nur ausdrücken, dass es mir sehr unglaubwürdig vorkommt, dass man das so einfach und preiswert über Telegram beauftragen kann.

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