In der anderen Welt, die mir immer fremder wird und immer bizarrer vorkommt, findet derzeit eine Debatte über Transgenderismus statt. Das geplante “Selbstbestimmungsgesetz” der Bundesregierung soll es ermöglichen, den Geschlechtseintrag beim Standesamt einmal jährlich zu ändern. Die Möglichkeit einer solchen Änderung besteht auch derzeit schon, ist aber noch mit der Hürde von zwei psychologischen Gutachten verbunden. Die alte Regelung ist genauso absurd wie das geplante Gesetz, hat aber ihm gegenüber den unzweifelhaften Vorteil, dass die Kosten und Unannehmlichkeiten der Gutachten den einen oder anderen von dem Irrsinn abhalten. Und das ist offenbar nicht erwünscht, weil die Zahl derer, die sich für so etwas hergeben, auch ohne jegliche Hürden schon äußerst gering sein dürfte. Die Staatsmacht braucht solche Leute und kann auf keinen einzigen davon verzichten.
Eine etwas merkwürdige Allianz aus Feministinnen und AfD-nahen Konservativen argumentiert gegen dieses Vorhaben überwiegend mit der Begründung, dadurch könnten böse, perverse Männer in “Schutzräume” für arme unterdrückte Frauen eindringen und ihnen dortselbst gar unaussprechliche Dinge antun. Ja, zugegeben, die Argumentation ist nicht so lächerlich, wie ich sie dargestellt habe. Ich habe nur immer, wenn ich sie höre, das Bedürfnis zu sagen: “Das ist es nicht! Das sind nur Begleiterscheinungen.” Natürlich ist es ärgerlich für Sportlerinnen, wenn sie gegen Männer antreten müssen. Es kann darüber hinaus auch wirklich zu peinlichen, unangenehmen oder sogar schlimmen Situationen kommen, zum Beispiel in Gefängnissen. Aber meines Wissens kommen Vergewaltigungen auch gar nicht selten in reinen Männergefängnissen vor. Der Strafvollzug ist keine schöne Welt, schon gar nicht in den USA.
Absolute Sicherheit gibt es auch außerhalb solcher randständigen Einrichtungen nicht. So die ganz große Angst will sich aber jetzt wegen dieser Gesetzesänderung bei mir nicht einstellen. Am sichersten fühle ich mich eigentlich immer noch, wenn ein paar kräftige Männer in der Nähe sind. Deutsche Männer. Auf “Frauensolidarität” würde ich mich im Ernstfall lieber nicht verlassen wollen. Ich beobachte auch nicht ganz ohne hämisches Vergnügen, dass die feministischen Nervensägen jetzt offenbar ihren Meister gefunden haben. TERFs werden sie von der LGBTQ-Gemeinschaft genannt, das steht für “trans excluding radical feminists” und ist als Schimpfwort gemeint. Nun dann wünsche ich beiden Seiten viel Spaß beim Zickenkrieg um Quotenplätze und den Status als ärmstes Opfer toxischer Männlichkeit.
Aber die Schadenfreude gegenüber Feministinnen, die jetzt von der Revolution gefressen werden, hat leider einen sehr bitteren Beigeschmack. Rein sachlich haben sie in dem Punkt ja recht: Es gibt nur zwei Geschlechter und man kann die nicht ändern. Tag ist Tag, auch wenn er düster ist, und Nacht ist Nacht, auch wenn sie mondhell ist. Mann ist Mann, auch wenn er rosarote Stöckelschuhe trägt, und Frau ist Frau, auch wenn sie zehn Russen unter den Tisch saufen kann. Das kann bei der Geburt in fast allen Fällen zweifelsfrei festgestellt werden und alle weiteren Diskussionen darüber sind dummes Zeug und erübrigen sich. So hätten das unsere Ahnen gesehen, wenn sie denn je auf die Idee gekommen wären, dass irgendjemand so etwas in Frage stellen könnte. So sehen das die allermeisten Menschen auf der Welt immer noch:
So wie diese Massai sehe ich das auch, und ich finde es – nebenbei bemerkt – faszinierend, wie gelassen und sympathisch sie im Vergleich zu Schwarzen in Europa wirken. Ethnische Homogenität ist der beste Garant für Zufriedenheit und der beste Schutz vor antirassistischem Hass. Bei min 49:47 fragt Matt Walsh, nachdem er ein bisschen (!) was über den Genderwahnsinn erzählt hat, ob die Gesprächspartner jemals nach Amerika ziehen wollten. Sie lachen: “Nein, niemals”. Ich wünsche ihnen von Herzen, dass sie nie demokratisiert werden.
Was bilden sich diese Leute mit ihrem Widerspruch gegen eine so offensichtliche Realität eigentlich ein, wer sie sind? Etwas Besseres als diese Massai? Etwas Besseres als meine Eltern und Großeltern, die genau gleich reagiert hätten? Etwas Besseres als der Herrgott persönlich? Wahrscheinlich schon.
Nun sind die Grenzen zu dieser Geisteshaltung aber mittlerweile schon so weit verschoben, dass es sehr schwierig oder sogar unmöglich ist, den Anmaßenden einfach das Maul zu stopfen und es damit gut sein zu lassen. Meine Konsequenz daraus ist absolutes Meiden jeglichen Kontakts mit Transpersonen oder Leuten, die das befürworten. Und auch schon die Benutzung von Gendersprache ist eine rote Flagge! Bislang ist mir aber noch niemand dergleichen begegnet und ich hoffe auch, dass das so bleibt. Mag sein, dass ich mich irre, aber ich glaube nicht, dass es irgendeine Möglichkeit gibt, diese Leute zu überzeugen, oder auch nur, diese Strömung aufzuhalten. Das heißt aber ausdrücklich nicht, dass wir gar nichts machen können. Wir können uns dagegen abschotten und insbesondere die Jüngeren können auch ihre Kinder dagegen abschotten, und wir können uns gegenseitig bei der Abschottung helfen. Das ist gar keine einfache Aufgabe, aber es ist eine mögliche Aufgabe. Ich wende mich daher ausdrücklich nur an diejenigen, denen diese Entwicklung Unbehagen bereitet. Indes wirken deren Argumente vom Typ “Frauensauna in Gefahr” leider immer ein bisschen an den Haaren herbeigezogen und sind meiner Einschätzung nach nicht stark genug, um gegen das Gegenargument “Lass die Leute doch einfach, wenn es sie glücklich macht” anzukommen – zumindest nicht in der Welt, in der diese Debatte stattfindet.
Darüber hinaus ist die Staatsmacht auch bereit, gegenüber feministischen Bedenken Zugeständnisse zu machen: Der Zugang zu Saunen und ähnlichen Einrichtungen bleibt weiterhin dem Hausrecht überlassen, und Sportverbände haben auch zunehmend freie Hand, was die Zulassung von Männern mit dem Geschlechtseintrag weiblich angeht. Ist dann alles gut, wenn der Gesetzgeber in diesen Punkten Entgegenkommen zeigt? Für die Feministinnen vielleicht schon, aber bei den Konservativen habe ich den Eindruck, sie wissen oder spüren zumindest irgendwie, dass es um mehr als um das geht.
Um diese Dinge geht es nicht und es geht bei dieser Gesetzgebung auch nicht darum, irgendwelche Narzissten oder psychisch Kranken glücklich zu machen. Tatsächlich sind wohl nicht einmal alle, die sich auf diesen Wahnsinn einlassen, danach glücklicher als zuvor, aber auch das ist nicht wirklich ein Argument. Es steht den Menschen schon frei, sich selber ins Unglück zu stürzen. Ich denke nur, dass es einem Staat nicht freisteht, in amtliche Dokumente offensichtliche Lügen einzutragen – und zwar vollkommen unabhängig davon, ob das irgendjemanden glücklich macht oder nicht.
Eine Änderung des Geschlechtseintrages sollte nur dann möglich sein, wenn ein Fehler gemacht wurde, zum Beispiel wenn ein Kind mit uneindeutigen Geschlechtsorganen geboren und falsch eingeschätzt wurde. Allerdings ist mir bei all den Dokumentationen zu dem Thema noch nie ein Intersexueller aufgefallen. Es scheint fast so, als ob diese Leute keinen allzu großen Wert darauf legen, in der Öffentlichkeit “sichtbar” zu sein, sondern vielmehr froh sind, wenn sie ein unauffälliges Leben führen können. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Tatsächlich ist auch schon das derzeit gültige Transsexuellengesetz ein großer Keil in der Tür zum Wahnsinn, die jetzt komplett aufgestoßen wird. Die psychologischen Gutachten stellen zwar noch eine Hürde dar, aber es obliegt auch nicht Psychologen, einen vollkommenen Mann zur Frau oder eine vollkommene Frau zum Mann zu erklären. Und es obliegt vor allem nicht dem Staat – und eben da ist der Hund begraben.
Als Anfang zu meinen Überlegungen möchte ich die Drusen zu Wort kommen lassen. Dabei handelt es sich um eine religiöse Gemeinschaft, deren Anhänger in Syrien, im Libanon und in Israel leben und die sich im 11. Jahrhundert vom schiitischen Islam abgespalten hat. Die Unterschiede zur Mutterreligion sind allerdings so groß, dass die Drusen nicht als islamische Strömung, sondern als eigenständige Religionsgemeinschaft gelten, die starke Einflüsse ostasiatischer Religionen aufweist, zum Beispiel die Seelenwanderung. Jegliche Konversion oder Missionierung ist bei ihnen nicht nur verboten, sondern buchstäblich unmöglich. Man könnte zwar theoretisch behaupten, man sei Druse, und sogar all ihre Glaubensgrundsätze teilen und Regeln befolgen, aber man IST es trotzdem nicht. Man kann die Zugehörigkeit nur durch Geburt erlangen, es gibt keine andere Möglichkeit. Sie begründen das folgendermaßen:
Missionierung oder Konvertierung (…) werden als Verweigerung des Gotteswillens angesehen, bzw. als Fall einer niederen Intelligenz – des Menschen –, die versucht, eine höhere Intelligenz – Gott – zu „belehren“. In den Worten der Drusen: „Ein Umhüllter darf den Umhüllenden nicht belehren. Das kann nur Gott entscheiden“. Es besteht ein Grund dafür, weshalb Gott die Menschen in die verschiedenen Religionen verteilte. Dieser Grund ist nicht etwas, mit dem sich der Mensch beschäftigen sollte. Der Mensch soll sich vielmehr mit der Reinigung seiner Seele befassen, um eine höhere Daseinsebene zu erreichen.
Sämtliche woken Opfergruppierungen tun genau das Gegenteil. Sie beschäftigen sich auf narzisstische Weise andauernd mit ihrer Identität, ihrem gehässigem Neid auf vermeintliche Privilegien anderer und damit, dass sie nicht ausreichend im Mittelpunkt stehen (“Sichtbarkeit”). Ich hingegen finde diese Formulierung sehr weise und schön. Da ich jedoch selbstverständlich auch ein Kind des modernen Westens bin, habe ich etwas Schwierigkeiten, diese Haltung gegenüber der Religionszugehörigkeit vollumfänglich zu teilen. Vielleicht sind wir aber in unserer Einstellung dazu, was Religion ursprünglich bedeutet – Rückbindung, nicht Glaube! – schon seit vielen Jahrhunderten von unserer Natur viel zu entfremdet, um das verstehen zu können.
Aber zumindest was das Geschlecht angeht, ist die Formulierung sehr treffend. Es besteht ein Grund dafür, warum du als Mann oder als Frau in diese Welt gekommen bist, und es kommt dir nicht zu, das zu hinterfragen. Manche Dinge sind eben so, wie sie sind, und lassen sich nicht ändern. Kein Staat und auch nicht der beste Chirurg der Welt kann aus einem Mann eine Frau oder aus einer Frau einen Mann machen. Der Staat kann lediglich lügen und seine Untertanen mit Strafandrohung dazu zwingen, die Lüge zu wiederholen, und der Chirurg kann eine verhöhnende Parodie auf das andere Geschlecht anfertigen. Aber ändern können sie das Geschlecht nicht und je früher das ein Mensch mit Geschlechtsdysphorie kapiert, desto besser. Es ist nichts als Tand und Illusion, was dieses Gesetz bietet. Und tief im Inneren muss das doch jeder wissen, der dieses giftige Angebot annimmt.
Eine sehr bezeichnende Untermauerung dieser Tatsache bietet interessanterweise ausgerechnet der Titel des Kinderbuchs “Julian ist eine Meerjungfrau”, mit dem kleine Jungen zu “Selbstbestimmung” angeregt werden sollen. Aber ist Julian wirklich eine Meerjungfrau?
Natürlich nicht! Und Juliane ist auch keine Meerjungfrau. Falls eines der Kinder das tatsächlich glauben sollte, dann heißt der zweite Band dieses erbaulichen Werkes “Julian ist eine Wasserleiche”. Nun will ich der Autorin und den Erziehern, die das Buch verwenden, nicht unterstellen, dass sie es darauf anlegen, dass ihre Schützlinge sich beim nächsten Nordseeurlaub auf der Suche nach ihrer Unterwasserverwandtschaft ertränken. Aber ganz offensichtlich gehen sie davon aus, dass den Kindern schon klar ist, dass sie nicht wirklich Fischwesen sind, die auch unter Wasser atmen können, und dass es auch keine Möglichkeit gibt, jemals eines zu werden (zumindest derzeit nicht und hoffentlich nie). Es ist und bleibt ein Traum und eine Fantasie. Aber das mit dem Geschlecht geht? Nein! Es geht auch nicht. Es ist auch nur ein Traum und eine Fantasie und daher meiner Ansicht nach etwas, das man nicht als reale Möglichkeit in den Raum stellen sollte.
Am Ende des Buches geht Julian auf eine Parade, wo er viele “Meerjungfrauenfreund🤮innen” trifft und glücklich mit ihnen ist. An Land! Es ist unschwer zu erraten, dass damit der CSD gemeint ist. Und genau das ist der verlogene Tand, der versprochen wird. Julian kann tatsächlich die schrille bunte Euphorie solcher Events erleben, die wenig mit wahrem Glücklichsein zu tun hat. Aber er kann nie ein Meerwesen werden, sondern sich lediglich als eines verkleiden. Das sagen sie den Kindern mit dem Ende klar und deutlich. Er kann jedoch auch niemals eine Jungfrau werden, sondern sich lediglich als eine verkleiden. Und diesbezüglich wecken sie sehr wohl Illusionen und unerfüllbare Hoffnungen.
Etwas so Fehleranfälliges wie die eigenen Gefühle derart zu erhöhen, dass man daraus folgert, man sei im Gegensatz zu der manifesten Wirklichkeit tatsächlich im falschen Körper, ist jedoch nicht nur unklug. Es ist darüber hinaus auch eine Anmaßung des (vom Körper) Umhüllten gegenüber dem Umhüllenden. Wie auch immer man sich den vorstellt, es gibt eine solche Instanz und diese Instanz ist weder das eigene Gefühl noch das Standesamt.
Atheisten und allen anderen, die Probleme mit dem Begriff Gott haben, möchte ich einen alten, leicht abgewandelten Irrenhauswitz erzählen.
Fragt der Psychiater den männlichen Patienten im Irrenhaus: “Woher wissen Sie eigentlich, dass Sie eine Frau sind?”
“Das hat mir Gott gesagt.” antwortet der Patient.
Darauf mischt sich ein weiterer Patient ein: “Was soll ich gesagt haben???”
Im heutigen Transgenderismus sind beide Patienten in einer Person vereint. “Wer hat es gesagt?” – “Gott!” – “Und wer ist Gott?” – “Ich!”
Genau darauf läuft es hinaus. Was ist denn dieses ominöse weibliche “Ich”, das vom Körper eines Mannes Besitz ergriffen hat? Ein Dämon? Zuweilen könnte man das fast für möglich halten:
Aber das ist natürlich eine veraltete Erklärung. Für den modernen Materialisten ist alles Chemie. Jeder unserer Gedanken und unserer Gefühle ist eine chemische Reaktion in Nervenzellen. Eine physiologische Erklärung gibt es aber nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht und das halte ich auch für glaubwürdig. Eine psychiatrische Erklärung wird jedoch ebenfalls abgelehnt: Es sei keine Krankheit. Nun denn.
Dann bleibt doch eigentlich nur noch eine spirituelle Erklärung. Aber was ist dann ihre Vorstellung von diesem “Ich”, das unabhängig vom materiellen Körper existiert? Und wie ist es in diesen Körper gekommen? Stellen die sich vor, dass das “Ich” irgendwie in einen Embryo reinfliegt und dabei auch versehentlich mal nicht richtig hinguckt, ob der auch das gewünschte Geschlecht hat? Kann in der Dunkelheit ja mal vorkommen, vor allem wenn die kleinen Beinchen ungünstig liegen. Ich weiß nicht, wie die sich das vorstellen. Gibt es überhaupt irgendeine spirituelle Dimension von Transgenderismus, die sich mit solchen zwangsläufigen Fragen befasst und über “Mein Wille geschehe” hinausgeht?
Das Problem ist nur, dass es nicht funktioniert, denn es heißt “Dein Wille geschehe”. Als Kind habe ich nie richtig kapiert, was das soll. Ich dachte, wieso muss ich darum beten, dass der Wille vom Lieben Gott geschieht. Der geschieht doch sowieso, dazu braucht er doch nicht meine Erlaubnis. Inzwischen verstehe ich die tiefe Weisheit dieser Passage, die mitnichten bedeutet, alles fatalistisch hinzunehmen und schulterzuckend zu sagen “Gott will es halt so.” Nur manches eben – und das angeborene Geschlecht gehört dazu, genau wie die angeborene Rasse und Nationalität. Denn Gott spricht nicht durch dubiose Gefühle zu uns, sondern durch die Wirklichkeit, durch die Wahrheit. Die geistige Welt ist zwar mehr als die Materie, aber die Materie ist die Manifestation der geistigen Welt auf der Erde.
Da allenthalben Empathie für Transpersonen eingefordert wird, bin ich dieser Aufforderung nachgekommen und habe versucht, nachzufühlen, was in ihnen vorgeht. Zunächst habe ich mir vorgestellt, dass mein Ich so bleibt, wie es ist, und ich plötzlich einen männlichen Körper und im Personalausweis die Eintragung männlich habe. Natürlich würde mir das nicht gefallen, aber es ist auch zu absurd, um wirklich nachfühlbar zu sein. Diese Leute bekommen ihren “falschen” Körper ja nicht schlagartig im fortgeschrittenen Alter. Trotzdem bin ich sicher: Ich würde garantiert kein Theater machen, das Amt müsse den Geschlechtseintrag ändern und andere Menschen dazu nötigen, mich als Frau wahrzunehmen. Ich würde davon ausgehen, dass ich verrückt bin, und tunlichst darauf achten, dass niemand das merkt – vor allem nicht irgendeine staatliche Stelle.
Dann habe ich umgekehrt versucht, mir vorzustellen, mein “Ich” wäre männlich. Wie würde ich das merken??? Daran, dass ich plötzlich Automarken auseinanderhalten kann und das Bedürfnis verspüre, Leuten 10 Euro dafür zu bieten, dass sie das Tabascofläschchen im Restaurant austrinken? Oder gar selber für 10 Euro das Tabascofläschchen austrinken?
Im Ernst: Ich würde es gar nicht wissen, wenn ich “ein Mann in einem Frauenkörper” wäre. Ich “fühle” mich nicht als Frau, ich BIN eine Frau und das weiß ich, weil mir wohl irgendwann im sehr frühen Kindesalter jemand gesagt hat, dass ich ein Mädchen bin. Später hat sich das natürlich durch Anschauung bestätigt, und ich bin auch höchst zufrieden damit. Ich fände es schrecklich, ein Mann zu sein, sie werden viel rücksichtsloser behandelt als Frauen. Aber auch ganz unabhängig, von den vielen Vorteilen, die manche umgekehrt sehen, bin ich nie auf die Idee gekommen, mein Geschlecht zu hinterfragen – auch nicht, als ich gemerkt habe, dass ich im Gegensatz zu anderen Frauen nicht gern shoppen gehe und Liebesfilme öde finde. Ich denke aber eigentlich, jeder Mensch hat so kleine Untypischkeiten und manche davon führen sogar zu Großem und Schönem:
Ich mache gern Kunststrickarbeiten, das ist eine aussterbende Fertigkeit, man bekommt kaum noch das ideale Material dafür, und meine Augen werden auch langsam zu alt dazu. Der absolute Großmeister dieses Kunsthandwerks, auf den fast alle Vorlagen zurückgehen, war ein Mann – der 1903 geborene Herbert Niebling. Schon in frühester Kindheit zeigte er eine Begeisterung fürs Stricken und fertigte seine eigenen Socken an. Niemand ist auf die Idee gekommen, er könne ein Mädchen sein, aber seine Eltern und Lehrer haben seine für einen Jungen ungewöhnliche Leidenschaft und sein Talent gefördert und seine Klassenkameradinnen haben sich gefreut, denn er hat ihnen beim Handarbeitsunterricht geholfen. Später hat er dann eine Kunstgewerbeschule besucht und als ”King of all indigenous lace-makers” die bis dahin rein geometrischen Muster mit naturnahen Blatt- und Blütenelementen bereichert:
Er wirkt zufrieden und in sich ruhend und hat vielen Menschen große Freude bereitet, vor allem Frauen vermutlich und unter anderem mir. Ich kann die Decken zwar nachstricken, wäre aber nicht in der Lage, derartige Muster zu entwerfen. Das ist eine seltene Kunst. Ich möchte lieber nicht wissen, was für einen Scheißdreck heutige Regenbogen-Pädagogen so einem Kind ins Hirn pflanzen würden.
Tut mir leid, ich kann nicht wirklich nachfühlen, was in Transpersonen vor sich geht. Aber bei meinem erfolglosen Versuch, Empathie aufzubringen, habe ich etwas anderes begriffen: Es geht nicht um Selbstbestimmung. Die kann man sich einfach nehmen, dazu braucht man kein Gesetz. Es geht um Bestimmung über die Wahrnehmung und das Verhalten anderer Leute. Und das löst das Unbehagen aus.