Gedanken zum Ukraine-Krieg – Teil 1: Vorbetrachtung und präzise Sprache

Mit und ohne Politik

können gute Menschen Gutes tun

und schlechte Menschen Böses.

Aber dafür, dass gute Menschen Böses tun,

braucht es Politik.

Da ich Böses möglichst vermeiden möchte, wann immer das geht, hatte ich zunächst geplant, anzukündigen, dass in dieser Betrachtung zum Ukraine-Krieg die Politik komplett außen vor bleibt. Allerdings habe ich recht schnell gemerkt, dass das nicht geht. Wer Müll entsorgen will – siehe unten – der kommt leider nicht umhin, Müll anzufassen. Dennoch ist meine Herangehensweise anders als die übliche und rechtfertigt möglicherweise durchaus die Bezeichnung “unpolitisch”. Lasst euch einfach überraschen,

Eine große Freude wäre es mir, wenn ich auch bei anderen eine Hinwendung zu der Betrachtungsweise anregen könnte, die ich vorstellen will, denn ich halte sie nicht nur für diejenige, bei der es leichter fällt, sich den Anstand und die Herzensgüte zu bewahren, sondern auch für die realistischere. Dessen ungeachtet kenne ich selbstverständlich dennoch die grundlegenden Aussagen beider Seiten, welche Politik sie angeblich mit diesem Krieg verfolgen. Und die meine ich mit dem oben erwähnten Müll, ich halte sie ausnahmslos alle für Lügen. Und selbst wenn eine halb wahr sein sollte – was ich eher nicht glaube -, hielte ich sie immer noch nicht für einen ausreichenden Grund für so ein Gemetzel.

Wo uns diese Gedankenreise hinführen wird, weiß ich noch nicht, ich verspüre nur den intensiven Drang, sie in Angriff zu nehmen, weil mich dieser Konflikt sehr tief beunruhigt und aus bislang noch etwas unerfindlichen Gründen seelisch viel mehr belastet, als es eigentlich angemessen wäre. Vielleicht lässt sich ja im Lauf der Zeit ja herausfinden, an was das liegt. Darüber hinaus empfinde ich so ziemlich alle verfügbaren Betrachtungen und Diskussionen dazu leider mehr und mehr als abstoßend.

Ich werde versuchen, bei dieser Betrachtung immer wieder auch ein bisschen den spirituellen Bereich zu berühren. Ich bin allerdings mit dem Begriff “spirituell” nicht ganz glücklich, nur ist mir leider kein besserer eingefallen. Das Wort ist heutzutage allzu oft ein Garant für seichtes Gelaber über irgendwelche dubiosen “Schwingungen”, was in leicht beeinflussbaren Menschen das betrübte Gefühl auslösen kann, minderwertig zu sein, wenn sie diese “Schwingungen” nicht wahrnehmen können. Das habe ich nicht vor, werde jedoch trotzdem über Empfindungen sprechen, die damit zusammenhängen könnten. Möglicherweise bin ich ja gar nicht die Einzige, die sie hat, aber wenn keiner darüber redet, fühlt sich jeder schrecklich allein damit. Und das muss ja nicht sein. Aber das wird nur einen kleinen Teil der Betrachtung einnehmen, und wenn jemand diese Empfindungen nicht hat, ist es auch nicht schlimm.

Ich betrachte Spiritualität übrigens nicht als etwas, das man der üblichen alltäglichen Betrachtung hinzufügt, sondern ganz im Gegenteil, als etwas, das die ganze Zeit da ist, aber unter dem riesigen Haufen Müll, mit dem wir ständig zugeschüttet werden, so tief begraben ist, dass wir fast nicht mehr darauf zugreifen können. Einen klaren Blick auf die Realität bekommt man meiner Ansicht nach nicht dadurch, dass man viel auf sich einwirken lässt, sondern dadurch, dass man alles Überflüssige rausschmeißt und sich wirklich nur noch das ansieht, was dann übrigbleibt – innen wie außen. Ich möchte daher niemandem irgendeine “Spiritualität” aufdrängen, sondern vielmehr einfach nur bei der Müllentsorgung helfen, damit sie bei jedem von selber zum Vorschein kommen kann. Und daher kann es naturgemäß mitunter auch ein bisschen schmutzig werden.

Falls sich jemand fragen sollte, ob ich in diesem Konflikt prorussisch oder proukrainisch bin, dann kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich halte präzise Sprache für das wichtigste Werkzeug bei allen Betrachtungen, und benutze so unpräzise Wörter daher möglichst gar nicht, auf gar keinen Fall aber dafür, meine eigene Haltung zu beschreiben.

Heißt prorussisch bzw. proukrainisch Sympathie für das Vorgehen und die Aussagen der jeweiligen Regierungen – dann nein, dann bin ich definitiv weder das eine noch das andere. Heißt es, ob ich Sympathie für die betroffenen Völker und Empathie für ihr Leid habe – dann ja, dann bin ich beides.Wenn die Frage bedeutet, welche Seite ich unterstütze, dann ist die Antwort: Ich unterstütze offensichtlich die Ukraine, und zwar mit meinen Steuergeldern, wenn auch unfreiwillig. Freiwillig schicke ich weder nach Russland noch in die Ukraine Geld und ich stricke auch keine warmen Socken für die Frontsoldaten der einen oder anderen Seite. Ich bin übrigens ziemlich sicher, alle anderen, die von sich behaupten, sie würden eine Seite unterstützen, tun das ebenfalls nicht. Wenn ich sage, dass ich jemanden unterstütze, dann tue ich auch konkret etwas, das ihm hilft, ansonsten halte ich meine Klappe.

Wenn die Frage bedeutet, auf wessen Sieg ich hoffe, dann ist die Antwort: Das ist mir scheißegal! Ich wünsche mir nur, dass es möglichst schnell aufhört und nicht noch eskaliert, Es werden ohnehin beide Seiten verlieren, sie haben schon viel zu viel verloren, um jemals das Wort “Sieg” zu rechtfertigen, zum Beispiel Zehntausende oder gar über hunderttausend ihrer Söhne. Davon abgesehen ist es auch vollkommen gleichgültig, was ich hoffe. Ich kann doch mit meinem Hoffen den Kriegsverlauf nicht beeinflussen, und falls ich das könnte, wäre mir die Verantwortung, es zu tun, viel zu groß. Es ist doch vollkommen unmöglich, abzusehen, was das nach sich ziehen wird. Kindisches Daumendrücken behalte ich mir daher für Fußballspiele vor. Da kann ich auch dann kein Unheil anrichten, falls es wider Erwarten funktionieren sollte. Aber ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es nicht funktioniert.

Ich hätte natürlich auch einfach antworten können: “Ich bin neutral”. Aber damit hätte ich hier eine Gelegenheit ungenutzt gelassen, zu erklären, warum ich präzise Sprache für so außerordentlich wichtig und wertvoll halte. Ich bin nicht wirklich neutral, meine Sympathie ist ganz eindeutig auf einer Seite dieses Krieges und mein Hass auf der anderen, und ich benutze dieses Wort bewusst. Ich sehe lediglich den Frontverlauf nicht zwischen Russland und der Ukraine oder zwischen Russland und dem “kollektiven Westen”, sondern zwischen allen Völkern auf der einen Seite und den globalen Eliten, die keineswegs ausschließlich auf westlicher Seite zu finden sind, auf der anderen.

Außerdem weiß jeder, der mich kennt, dass ich berüchtigt für “Walls of Text” bin und man muss ja schließlich seinem Ruf gerecht werden 😉 Ich werde auch immer klarstellen, ob ich die Regierungen oder das Volk oder einen bestimmten Teil des Volkes meine. Ich kann jedem nur empfehlen, sich auf das geistige Abenteuer bewusster und präziser Sprache einzulassen. Auch wenn es nicht immer klappt, ist schon allein der Versuch hilfreich für alle, deren Ziel Erkenntnisgewinn und geistige Klarheit ist. Und in dem Zusammenhang möchte ich auch alle, die sich irgendwo an Diskussionen beteiligen, anregen, sich selber zu fragen, warum sie das tun, bzw. was ihr Ziel dabei ist. Erkenntnisgewinn oder Rechthaberei oder etwas ganz anderes? Was auch immer es sein mag, es ist nicht schlecht, wenn man es selber weiß.

Meine Ziele für diese Rückkehr zum Bloggen sind:

  1. Erkenntnisgewinn für mich. Das erhoffe ich über zwei Wege. Der eine ist der Zwang zu der Strukturierung eines unordentlichen Sammelsuriums von Gedanken, die durch Schreiben notwendig wird. Der andere sind schlicht und einfach gute Kommentare, auf die ich sehr hoffe.
  2. Hilfestellung beim Erkenntnisgewinn anderer. Das bedeutet nicht, dass ich irgendjemandem irgendetwas aufdrängen möchte, das er nicht haben will. Ich habe jedoch in den vergangenen Jahren oft erlebt, dass Suchende vollkommen unabhängig voneinander zur gleichen Erkenntnis gekommen sind, und zwar in einer frappierenden Weise, die fast übernatürlich angemutet hat. Das sorgt für eine sehr wohltuende innere Gewissheit und die notwendige Selbstsicherheit, die wir alle dringend brauchen. Darüber hinaus ist es ja auch nicht nötig, dass jeder das Rad selber erfindet.
  3. Ganz egoistisch: Ich schreibe gern und ich brauche auch den Austausch mit guten, anständigen und intelligenten Menschen für mein seelisches Wohlbefinden. Und ich finde ihn derzeit sonst nirgends.

Eine neutrale Haltung ist übrigens keineswegs gleichbedeutend mit Gleichgültigkeit oder Relativismus gegenüber dem Bösen. Es ist viel mehr ein großes Stück Freiheit, das Böse abzulehnen, von wem auch immer es ausgeht. Das können diejenigen, die pro-irgendwas sind, im Allgemeinen gar nicht gut. Sie sind stets damit beschäftigt, das Böse auf “ihrer” Seite klein zu reden, der anderen Seite in die Schuhe zu schieben oder mit Rabulistik weg zu erklären. Und manchmal entsteht sogar der unangenehme Eindruck, dass sich die pro-irgendetwas-Leute regelrecht freuen, wenn die jeweils andere Seite eine böse Tat begeht, die sie dann genüsslich ausschlachten können. Das ist ein bisschen abstoßend.

Ich muss und werde mich jedoch nicht selber unter Druck setzen, eine Ausgewogenheits-Strichliste zu führen. Es ist gut möglich, dass die Beispiele, die mir fürs Wegräumen von Müll als geeignet erscheinen, von einer Seite zahlreicher sein werden als von der anderen. Das ändert jedoch nichts an meiner neutralen Haltung. Es dient nie dazu, eine Seite in den Dreck zu ziehen, sondern immer nur dazu, beispielhaft aufzuzeigen, wie gute Menschen vom Bösen angegriffen und in den Abgrund gezogen werden können – ob das Russen oder Ukrainer oder Westler sind, ist für meine Betrachtungsweise vollkommen irrelevant. Wir kennen diejenigen, mit denen das geschieht, doch sowieso nicht persönlich! Wer das nicht verstehen kann oder will und meint, er müsse zu Whataboutism greifen, ist hier fehl am Platz. Ich weiß selber, dass ein paar Beispiele keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben und nehme daher erkenntnisfördernde Hinweise auf weitere Beispiele sehr gern an – egal von welcher Seite. Und keine Sorge: Ich bin sehr gut in der Lage, den Unterschied in der Absicht zu erkennen.

Noch etwas ist mir bei dieser Vorbetrachtung wichtig, und zwar das Konzept Schuld, das ich im nächsten Teil behandeln möchte, bevor ich mich dann endlich zum eigentlichen Thema vorwagen werde.

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